15. März 2023
Drei Fragen an:
Professor Dr. Ing. Heiko Meinen
Sie arbeiten seit vielen Jahren mit und zum Garten- und Landschaftsbau, auch wissenschaftlich, und beraten die GaLaBauVerbände. Wie ist Ihr Eindruck: Hat sich die Haltung der grünen Branche zum Thema betriebliche Nachhaltigkeit in den letzten zehn Jahren deutlich verändert?
Prof. Meinen: Auf jeden Fall! Ich beobachte, dass das Thema sehr viel Fahrt aufnimmt. Schließlich erleben die GaLaBau-Unternehmerinnen und -Unternehmer ja selbst in allen Lebensbereichen, welche dramatischen Auswirkungen der Klimawandel hat. Gleichzeitig positioniert sich die Branche öffentlich stärker als Macherinnen und Macher von Lösungen. Da ist es nur folgerichtig, dass die betriebliche Nachhaltigkeit sowohl in den Unternehmen selbst als auch bei allen Kunden-Zielgruppen stärker in den Fokus rückt. Natürlich erleben viele schon heute, dass die Kundschaft zum Thema CO2-Ausstoß, Fuhrpark, Maschinen, Ressourcenverwendung, Baumaterial, klimastabilen Pflanzen und Wasserverwendung kritischer nachfragt oder Beratung wünscht. Ganz wichtig ist es, zu verstehen: Der nötige Wandel bedeutet nicht Verzicht und wirtschaftliche Einbußen. Er birgt vielmehr Chancen, neue Nischen zu erschließen, das Portfolio zu erweitern und damit auch höhere Preise für Produkte und Dienstleistungen verlangen zu können, dauerhaft Kosten zu sparen – und (ganz wichtig!) bei künftigen Fachkräften als Arbeitgeber zu punkten! Gerade im Verband nehmen immer mehr Mitgliedsbetriebe wahr, dass das Thema drängt. Aber leider erkennen zu viele die Dimension noch nicht. Daher ist es gut, dass die GaLaBauVerbände hierzu vorangehen und Hilfestellungen anbieten.
Welche „Dimension“ meinen Sie? Womit rechnen Sie in den nächsten Jahren?
Prof. Meinen: Im November 2022 wurde vom EU-Parlament die so genannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verabschiedet, mit welcher sich Art und Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung tiefgreifend verändern werden. Dies bedeutet in der Praxis, dass nicht nur (wie bisher) die großen Unternehmen, sondern alle am Börsenmarkt notierten Unternehmen (mit Ausnahme von Kleinstunternehmen) darüber Bericht erstatten müssen, wie sich ihr Geschäftsmodell auf ihre Nachhaltigkeit auswirkt und wie externe Nachhaltigkeitsfaktoren (zum Beispiel Klimawandel oder Menschenrechte) ihre Tätigkeiten beeinflussen. Warum sollte mich das als GaLaBau-Betrieb interessieren? Perspektivisch wird sich die Pflicht zur Berichterstattung auf alle Unternehmen ausweiten. Kurz- und mittelfristig werden Anfragen von Finanzierungspartnern wie Banken und Versicherungen und von Kundinnen und Kunden in der Lieferkette zu Nachhaltigkeitsaspekten deutlich zunehmen. Das heißt, die GaLaBau-Betriebe müssen in der Lage sein, bezüglich ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten hierauf Antworten liefern zu können. Diese Anfragen werden sich weiter häufen, da zukünftig fast fünfmal so viele Unternehmen berichtspflichtig sein werden wie bisher. Das bedeutet im schlechtesten Fall den Wegfall von Finanzierungsmöglichkeiten, also auch deutlich größere Hürden, entsprechende Mittel zu beschaffen, sowie der Verlust von Kundschaft und Lieferant*innen.
Bitte ordnen Sie den „Leitfaden für Nachhaltiges Wirtschaften im Garten- und Landschaftsbau“ für unsere Leser*innen ein: Was nutzt er den Mitgliedsbetrieben?
Prof. Meinen: Der BGL-Leitfaden ist die Basis für alles Weitere; die Impulse dazu kamen aus der Praxis, und sie ist auch – mit GaLaBau-Unternehmerinnen und -Unternehmern – aktiv eingebunden in diese Arbeit. Im Nachhaltigkeitsleitfaden haben wir die wichtigsten Themen abgebildet, die unsere GaLaBau-Unternehmen aktuell beim Thema Betriebliche Nachhaltigkeit umtreiben. Dabei konnten wir die Erfahrungen und Fragen aus der Praxis für den Leitfaden nutzen. Deshalb war und ist die Mitarbeit des VGL NRW und einiger seiner Mitgliedsbetriebe sehr wertvoll. Der Leitfaden ist ein guter, fundierter Anfang. Damit kann jeder Betrieb jetzt ins Thema einsteigen und abbilden, wo er steht – transparent, ehrlich und mit Lerneffekt.
(Auszug aus der LANDSCHAFT BAUEN & GESTALTEN 3/2023)
Heiko Meinen
Kullmann und Meinen GmbH
Kullmann und Meinen unterstützt auch Ihr Unternehmen durch Nachhaltigkeitsberatung.